Die Herzfunktion kann anhand vieler Parameter beurteilt werden. Einer, der zunehmend an Aufmerksamkeit gewinnt, und dies insbesondere bei Menschen, die ihre Genesung und Bereitschaft verfolgen, verstehen und optimieren möchten, ist die Herzfrequenzvariabilität (HFV). Worum geht es also bei HFV und wie kann sie dabei helfen, Ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern?
Die Nützlichkeit der HFV wurde in mehreren Studien bewertet, die ihre Wirksamkeit als Indikator für verschiedene gesundheitsbezogene Probleme bewiesen haben. Sie hat jedoch erst vor relativ kurzer Zeit die Aufmerksamkeit von Spezialisten, darunter Sportlern und Trainern, aber auch der breiten Öffentlichkeit auf sich gezogen.
Was verbirgt sich hinter der Herzfrequenzvariabilität?
Bei einem gesunden Herzen können einige Unregelmäßigkeiten im Herzschlag beobachtet werden, auch wenn sie schwer zu erkennen sind. Eine berechnete Herzfrequenz von z. B. 70 Schlägen pro Minute sagt nichts über deren Regelmäßigkeit aus, außerdem können während des Aufzeichnens oder Zählens viele Schwankungen auftreten. Einige dieser Variationen in den Intervallen zwischen den Herzschlägen sind völlig physiologisch und können sich in Abhängigkeit von mehreren Faktoren verändern. Obwohl diese Veränderungen in Bruchteilen von Sekunden gemessen werden, sind Sie durchaus in der Lage, sie zu spüren, indem Sie beispielsweise einen Finger an Ihren Nacken legen und den Atem anhalten, während Sie den Puls fühlen. Die Intervalle sollten dann immer länger werden oder umgedreht, falls Sie schneller atmen, immer kürzer.
Bewerten Sie Ihre Herzfrequenzvariabilität
Die HFV kann mit einigen Methoden beurteilt werden, z. B. einem EKG (zur Betrachtung des Abstands zwischen R-Zacken in QRS-Komplexen) oder einer Photoplethysmographie (PPG), wobei hier Interbeat-Intervalle (IBI, dt. RR-Intervalle) gemessen werden. Dabei ist zu beachten, dass die Variationen des Herzschlags innerhalb eines bestimmten, in Millisekunden (ms) gemessenen Zeitrahmens aufgezeichnet werden, der jeweils von der Methode und dem Gerät abhängt, die zur Berechnung der HFV verwendet werden.
Bei der HFV-Analyse weisen konstante Intervalle zwischen den Herzschlägen auf eine niedrige HFV hin. Wenn sich andererseits die Intervalle zwischen den Herzschlägen ändern, ist Ihre HFV hoch.
Wie korreliert die Herzfrequenzvariabilität mit dem neurologischen System?
An dieser Stelle könnte man sich fragen, ob die Herzfrequenzvariabilität eine wichtige Messgröße ist. Auf welche Weise vermag Ihnen ein Blick auf Ihre HFV zum Vorteil gereichen? Zunächst sollten wir uns die grundlegenden physiologischen Muster genauer ansehen. Die Herzfrequenz wird streng vom vegetativen Nervensystem gesteuert, das in die Zweige des Parasympathikus (aktiviert in Ruhephasen) und des Sympathikus (aktiviert bei Ausdauer oder Stress) eingeteilt wird. Die HFV weist darauf hin, dass beide Zweige eng zusammenarbeiten und sich im Gleichgewicht befinden. Bei den allermeisten Aktivitäten, wie etwa Essen, Schlafen oder Arbeiten am Computer, ist der Parasympathikus etwas aktiver. Unter der Annahme, dass das Nervensystem nicht die Herzfrequenz beeinflusst, schlägt das Herz ungefähr 100-mal pro Minute, bekanntermaßen beträgt eine normale Herzfrequenz aber ungefähr 70 Schläge/min. Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die Herzfrequenz im Ruhezustand aufgrund der zusätzlichen Aktivität des Parasympathikus niedriger und die HFV daher höher ist. Mehrere stressbedingte Faktoren können jedoch dieses Gleichgewicht verändern und zeigen eine höhere Aktivität des Sympathikus und in der Folge eine erhöhte Herzfrequenz und eine niedrigere HFV an.
Optimieren Sie Ihre Leistungsfähigkeit mithilfe der Herzfrequenzvariabilität
Durch die Untersuchung von HFV in Bezug auf körperliche Aktivität wurde festgestellt, dass regelmäßige Aktivität neben mehreren anderen Verhaltensweisen die Ruheherzfrequenz senkt. In Übereinstimmung mit dem oben Gesagten kann dies in eine erhöhte Aktivität des Parasympathikus und längere RR-Intervalle übersetzt werden – was wiederum eine erhöhte HFV bedeutet.
Aus einer breiteren Perspektive betrachtet, eröffnet uns die HFV nicht nur Informationen über das Herz-Kreislauf-System, sondern sie gewährt überdies einen Einblick in den allgemeinen gesundheitlichen Zustand. Darüber hinaus kann die HFV bereits vor der Herzfrequenz Veränderungen in unserem Körper widerspiegeln, was sie zu einem besonders sensiblen Instrument macht, um Einblicke in das Wohlbefinden von Menschen zu gewinnen. Die HFV sollte jedoch nicht zu Vergleichen zwischen Individuen verleiten, da eine ganze Reihe von Faktoren existieren, die sie beeinflussen können, wie etwa Geschlecht, Alter, Hormone, die Gesamtfunktion des Organismus und der Lebensstil. Da sie erst seit relativ kurzer Zeit in den Blick genommen wurde, gibt es noch keine Richtlinien für optimale HFV-Werte.
Allerdings können und sollten Sie sich Änderungen und Trends in Ihrer HFV ansehen, weil Sie dadurch die Möglichkeit erhalten, Informationen über Ihre Gesundheit und Fitness zu erlangen. Da die HFV jedoch mit vielen Variablen verbunden ist, sollten Sie zuallererst auf sich selbst achten und die HFV als eines der Instrumente zur Beurteilung Ihres Zustands verwenden, wobei die größte Bedeutung Ihrem allgemeinen Befinden zukommt. Nichtsdestotrotz sagt das nichts über ihren Nutzen aus – einige Dinge können Sie in der Tat anhand der HFV lernen. Zeichnen Sie zu Beginn Ihre HFV-Basislinie auf, wenn Sie sich in normaler Verfassung fühlen. Auf dieser Grundlage können Sie beobachten, wie sich Ihr Lebensstil, Ihre Ernährung und Ihr Stresslevel auf Ihre HFV auswirken. So könnten Sie zum Beispiel feststellen, dass körperliche Aktivität Ihre HFV zu senken vermag, aber dass sie sich zugleich schnell wieder normalisiert, was ein Zeichen für Regeneration ist. Wenn die HFV hingegen niedrig bleibt, deutet dies unter Umständen auf ein sehr intensives Training und die Notwendigkeit einer gewissen Erholungszeit hin.
Darüber hinaus wird die HFV ggf. sinken, wenn Sie gestresst sind oder nicht gut schlafen. Zudem reduzieren sowohl Rauchen als auch Alkoholkonsum die HFV, was mit der allgemein akzeptierten ungesunden Wirkung von Ethanol in Einklang zu stehen scheint. Schließlich sinkt die HFV auch bei Dehydrierung und normalisiert sich erneut nach Rehydrierung, was ihre Nützlichkeit zum Beispiel nach Trainingseinheiten zeigt.
Schlaganfallprävention
Ein Schlaganfall kann viele beunruhigende Folgen haben, darunter Sprachprobleme und Behinderungen. Offenbar ist jeder fünfte Schlaganfall mit Vorhofflimmern (VHF) verbunden ist. Was ist VHF? Vorhofflimmern ist durch einen Verlust der atrialen Funktion und in der Folge durch das Auftreten von Blutgerinnseln gekennzeichnet, die über die Arterien zum Gehirn wandern können, was eine Gehirnischämie auslöst. Dies hängt mit einem unregelmäßigen Herzrhythmus zusammen, der sowohl durch Abtasten als auch durch eine anwendungsgestützte Pulsmessung wahrgenommen werden kann.
Es gibt Medikamente, die einen Schlaganfall bei VHF-Patienten zu verhindern vermögen, aber die Diagnose von Patienten mit VHF bleibt ein Problem, da einige von ihnen schlicht keine Symptome aufweisen. Hier kommen moderne Technologien, einschließlich in Bezug auf HFV, ins Spiel. In Anbetracht der Popularität verschiedener Geräte, darunter Smartphones und Smartwatches, erscheint es naheliegend, sie zur Vorbeugung gefährlicher Erkrankungen einzusetzen. Einer der vielen daraus resultierenden Vorteile ist die verlängerte Überwachung, die dadurch im Vergleich zu herkömmlichen Methoden möglich ist. Natürlich bedeutet eine längere Überwachung zugleich eine erhöhte Datenmenge, was an sich ein Problem darstellen kann, aber glücklicherweise leistet uns die Künstliche Intelligenz (KI) in diesem Bereich Unterstützung, ebenso wie vorbereitete Algorithmen. All dies beweist lediglich, dass moderne Technologien, einschließlich solcher mit HFV-Bezug, uns in die Lage versetzen, die Lebensqualität durch Schlaganfallprävention zu verbessern.
Zusammenfassung
HFV ist ein sehr nützliches Instrument, das eine interessante Ergänzung für ein besseres Verständnis des Körpers darstellen kann. Von der HFV-Beobachtung können selbstverständlich viele Menschen profitieren, angefangen von Sportbegeisterten bis hin zu Schlaganfallgefährdeten.